Wie in Paris an der Pont Neuf hängen auch an einer Frankfurter Brücke hunderte von Schlössern. Junge Leute geben damit ein Statement ab: Unsere Liebe soll für immer halten. Ich frage mich, wie das wohl sein wird, wenn sie 10 Jahre später wieder zu dieser Brücke kommen. Vermutlich ist die Jugendliebe längst passé, das Schloss verrostet. Aber der Glaube an die ewige Liebe ist wahrscheinlich noch ungebrochen. Dabei ist gerade das festgeschraubte Schloss das Symbol für eines der gefährlichsten Liebeskiller überhaupt. Wenn man sich gegenseitig die Freiheit nimmt, wird die Beziehung zum Gefängnis. Was allerdings jeder der beiden unter Freiheit versteht, muss miteinander ausgehandelt werden. Die einen sind großzügig und würden sogar einen Seitensprung verzeihen, die anderen würden das nicht tolerieren. Aber wie auch immer, ein gewisses Maß an Freiheit muss sein. Dazu gehört, dass jeder seinen Freundeskreis behält. Dass man auch mal etwas ohne den anderen unternimmt. Dass man ihm seine Eigenheiten lässt, sofern sie nicht wirkich störend sind. Kurz und gut, dass man den Partner oder die Partnerin als Individuum akzeptiert und nicht versucht, ihm die eigenen Gedanken, die Lebensweise oder die Zeiteinteilung zu implantieren. Dann hat die Liebe gute Chancen, so lange zu halten wie das Schloss an der Brücke.