Sigrid Boo: Dienstmädchen für ein Jahr (Roman)

258 Seiten, 24 €, Rowohlt Kindler

 Sigrid Boos Roman Dienstmädchen für ein Jahr wirkt wie Downton Abbey – nur versetzt ins Norwegen der 1930er Jahre. Nostalgie ist dabei fehl am Platz: Boo schrieb ihren Roman tatsächlich in dieser Zeit. Nun legt Rowohlt das Buch in der Reihe „rororo-Entdeckungen“ neu auf – und sein Charme ist ungebrochen.

Im Mittelpunkt steht Helga, eine junge Frau aus gutem Hause, die gerade ihr Abitur bestanden hat. Als ihre Freunde im Café darüber streiten, ob Frauen ihrer Gesellschaftsschicht überhaupt fähig seien, im Haushalt anzupacken, schlägt Helga eine Wette vor – vor allem dem jungen Mann zuliebe, den sie gern heiraten würde. Hält sie ein Jahr als Dienstmädchen durch, bekommt sie von Jørgen einen Verlobungsring. Das Problem: Helga hat im eigenen Elternhaus bislang keinen Finger gerührt.

Inkognito tritt sie ihren Dienst auf einem abgelegenen Landgut an und muss sich dort Tag für Tag beweisen. Sie wäscht, putzt, arbeitet in der Küche und serviert bei Tisch. Vieles muss sie sich von den Herrschaften gefallen lassen, anderes kontert sie mit erfrischender Schlagfertigkeit. Als sie schließlich von jemandem aus ihren Kreisen erkannt wird, kommt ihre wahre Identität ans Licht und löst Befremden aus – auch für Chauffeur Hans, zu dem sie eine besondere Beziehung entwickelt hat. Doch längst hat Helga durch ihre neuen Freundinnen und Freunde begriffen, worauf es im Leben wirklich ankommt.

Erzählt wird Helgas Geschichte in Briefen an ihre Freundin Grete. In ihnen schildert sie mit Leichtigkeit, Witz und Beobachtungsgabe ihren Alltag als Dienstmädchen. Der Ton erinnert mich an boos deutsche Zeitgenossin Irmgard Keun, die ich sehr schätze: Auc sie zeigt eine weibliche Perspektive, für ihre Zeit bemerkenswert emanzipiert, verbunden mit einer klaren, leichten Sprache und feiner Gesellschaftskritik.

Ein Roman, der dank Rowohlt zu Recht wiederentdeckt wurde – ein Lesevergnügen.