
286 Seiten, 26 €, Verlag Klaus Wagenbach
Mein Faible für japanische Literatur ist kein Geheimnis, daher hat mir eine Freundin diesen Roman empfohlen. Vielen Dank, das Buch ist zauberhaft - auch wenn die Beschreibung der Arbeit der Protagonistin an manchen Stellen durchaus Magenkribbeln verursacht. Das liegt in der Natur der Sache, denn das Thema ist außergewöhnlich.
Die 25-jährige Suzu ist eine Einzelgängerin. Sie lebt allein mit ihrem Hamster Punsuke in einer japanischen Großstadt, hat ihr Studium abgebrochen und eine gescheiterte Beziehung hinter sich. Ihr Leben besteht aus Gelegenheitsjobs. Als sie wegen ihrer zurückhaltenden Art als Kellnerin gekündigt wird, muss sie sich um eine neue Arbeitsstelle bemühen. Dabei trifft sie auf Herrn Sakai, der Verstärkung für sein kleines Reinigungsteam sucht. Erst vor Ort erfährt sie, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Tätigkeit handelt: Es geht darum, Wohnungen von Menschen zu reinigen, die in Einsamkeit gestorben sind – ein Phänomen, das in Japan als Kodokushi bekannt ist. Gemeinsam mit dem gleichaltrigen Takada wird Suzu von Herrn Sakai in das Team aufgenommen.
Die Arbeit ist sowohl physisch als auch emotional anspruchsvoll, denn sie konfrontiert die Beteiligten auf intime Weise mit den Lebensgeschichten der Verstorbenen. Zwischen Suzu und ihren Kollegen entsteht eine enge, kameradschaftliche Bindung. Herr Sakai trägt maßgeblich dazu bei, indem er sie nach anstrengenden Tagen zum Essen oder zu einem Picknick unter Kirschblüten einlädt. Durch diese gemeinsamen Erlebnisse beginnt Suzu langsam, sich zu öffnen. Sie lernt, auf andere zuzugehen und sich auf neue Beziehungen einzulassen.
Man könnte meinen, dass ein so schwieriges Thema nur deprimierend umgesetzt werden kann. Doch die Autorin schafft es, ihre Figuren so liebenswert und heiter zu zeichnen, dass die Lektüre trotz allem ein großes Vergnügen ist. Die Balance zwischen Schwere und Leichtigkeit macht das Buch besonders. Sehr empfehlenswert.