272 Seiten, 12 €, Knaur Mens Sana
Der japanische Autor und Dramatiker Toshikazu Kawaguchi wurde durch seinen internationalen Bestseller „Bevor der Kaffee kalt wird“ bekannt. In diesem erzählt er die bewegende Geschichte eines kleinen Cafés in Tokio, in dem die Gäste für kurze Zeit in die Vergangenheit reisen können – genau so lange, wie ihr Kaffee warm bleibt. (Ich habe das Buch seinerzeit besprochen.) Mit „Bevor die Erinnerung verblasst“ legt Kawaguchi nun die Fortsetzung vor. Diesmal ist der Schauplatz das Café Donna in der alten Hafenstadt Hakodate auf der Insel Hokkaido. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein ganz normales Café, beliebt bei Touristen und mit einem eingespielten Team von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Vielzahl der japanischen Namen kann zunächst etwas verwirrend sein, doch der Autor hilft den Leserinnen und Lesern mit einer übersichtlichen Namensliste am Anfang des Buches. Ein bestimmter Platz im Raum erlaubt – wie schon im ersten Band – die Reise in die Vergangenheit. In vier neuen Geschichten schildert Kawaguchi Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen in ihre Vergangenheit zurückkehren möchten: Eine Frau, die den Unfalltod nicht verwunden hat, Ein Comedian, der seine einstige Partnerin und ihre gemeinsamen Träume vermisst. Eine Schwester, die in ihrer Trauer gefangen ist. Ein junger Mann, der viel zu spät erkennt, welche Bedeutung seine Kindheitsfreundin für ihn hatte. Jede dieser Personen macht auf ihrer Reise durch die Zeit eine berührende, oft schmerzhafte, aber letztlich heilsame Erfahrung – über Verlust, Liebe, Schuld, Vergebung und die Kraft menschlicher Beziehungen.
Kawaguchis neues Buch ist eine philosophische und emotionale Reflexion über das Leben und die Zeit. Es regt dazu an, sich selbst zu fragen: Wen aus meiner Vergangenheit würde ich gerne noch einmal sehen? Und warum? Die Verbindung von Magie und Lebensweisheit, eingebettet in eine typisch japanische Erzählweise, verleiht dem Buch seinen besonderen Reiz.