
224 Seiten, 22.- €, Piper
Ich liebe den Schreibstil von Oliver Burkeman. Er hat so eine lässige Art, Erkenntnisse aus den verschiedenen Wissensgebieten wie Philosophie, Psychologie oder Literatur zusammenzustellen und seine eigene Ausdeutung mit Zitaten zu unterfüttern. Seine Bücher „Das Glück ist mit den Realisten“ und „4000 Wochen. Das Leben ist zu kurz für Zeitmanagement“ habe ich hier schon mit fünf Sternen besprochen.Thema dieses Buches nun ist die Begrenztheit unserer Zeit und was wir daraus machen können. Es soll ein Leitfaden für eine Lebensgestaltung sein, die der Autor „Imperfektionismus“ nennt. In der Einleitung heißt es: „Es geht darum, wie herrlich produktiv man wird, wenn man das verbissene Streben aufgibt, immer produktiver zu werden.“ Indem wir unsere eigenen Begrenzungen akzeptieren, können wir freier und mutiger agieren.
Als Form hat Burkeman 28 Kapitel gewählt, die für 28 Tage stehen. Man solle jeweils ein Kapitel pro Tage lesen. Als Beispiel für den empfohlenen „vierwöchigen Rückzug des Geistes“ hier die ersten sieben Tage:Erste Woche: Die eigene Endlichkeit. Tag 1: Es ist schlimmer als Sie denken. Tag 2: Kajak und Superjachten. Tag 3: Man muss die Konsequenzen tragen. Tag 4: Gegen den Produktivitätszwang. Tag 5: Zu viele Informationen. Tag 6: Man kann sich nicht um alles sorgen. Tag 7: Die Zukunft sein lassen.
Das liest sich wie gewohnt leicht und inspirierend und enthält auch einige Highlights. Doch im Vergleich zu seinen vorherigen Büchern bin ich enttäuscht. Meiner Einschätzung nach hat Burkemann hier ironischerweise genau den von ihm gepriesenen Imperfektionismus umgesetzt – leider mit dem Ergebnis, dass es ohne spürbare Mühe des Autors eben doch nicht funktioniert.Seine Einteilung in 28 Tage wirkt willkürlich. Genauso gut könnte man sagen: „Ich lese jeden Tag eine Seite aus diesem Buch.“ Die einzelnen Aussagen oder Übungen sind nicht speziell auf einen bestimmten Tag abgestimmt. Auch seine unbelegte Kritik an Selbsthilfebüchern, die er als stressig abtut, wirkt recht arrogant – insbesondere, wenn man bedenkt, wie hilfreich fundierte und seriöse Ratgeber sein können. Hier hätte ich mir mehr als nur die lapidare Bemerkung gewünscht, dass er dort ansetzt, wo die „Bring dein Leben in Ordnung“-Mentalität versagt. Zudem wiederholt er vieles, was man in ähnlicher Form bereits aus seinen anderen Büchern kennt. Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen – vor allem wegen seiner Wirkung. Es ist wie ein warmes Bad: wohltuend und entspannend. Letztlich lässt es sich auf diese Botschaft reduzieren: Alles kann, nichts muss.