Jovana Reisinger: Pleasure

320 Seiten, 22 €, park ullstein

 Die Anregung, dieses Buch zu lesen, kam von einem Interview mit der Autorin im Spiegel, geführt in einem Luxushotel auf Sizilien. Warum nicht einmal über den Tellerrand des eigenen gediegenen Lebens schauen und laut Ankündigung eine „atemberaubende Tour durch die Luxus-Triade Schlaf, Nahrung und Kleidung“ machen? Vielleicht ist das Bekenntnis zu Genuss ja „ein Wegweiser zu individueller Freiheit“.

 Was dann tatsächlich auf die Leserin wartet, ist ein vergiftetes Lob des Hedonismus. Champagner und Törtchen im KDW. Markenkleidung als Aufstiegsmöglichkeit in die Welt der Reichen und Schönen. Gefälschte Birkinbags und Sex in the City. Ein Blick hinter die Kulissen, durchaus reizvoll in Essays mit Titel wie „Glamour“ oder „City Star Nails“ verpackt. Erhellend gibt es dazwischen ausführliche Passagen über die prekäre Kindheit und Jugend der Autorin: „Meine Adoleszenz wurde von dem großen Wunsch, die eigenen Zeichen abzulegen, beherrscht. Die Scham loszuwerden.“ Außerdem streut die Autorin intelligent feministische Gedanken und Zitate ein.

Die Kombination von rotem Teppich, traurigen frühen Erfahrung und halbherzigen politischen Überlegungen zu Arm und Reich macht das Buch schillernd. Es ist weder eine mit Beispielen belegte soziale Analyse eines Aufstiegs, noch ein freudiger Aufruf, das Leben zu genießen. Zurück bleibt bei mir der Eindruck, dass Reisinger hemmungsloses Vergnügen einsetzt, um tiefsitzende emotionale Verletzungen zu bewältigen. Wie heißt es doch: Man kann das Mädchen aus dem Dorf kriegen, aber nicht Dorf aus dem Mädchen.

So gesehen ist das Buch psychologisch interessant.