Moa Herngren: Scheidung (Roman)

384 Seiten, 22.-€, Kein & Aber

 

Im Book oft the Year Award heißt es über dieses Buch: „Nuanciert, menschlich und fesselnd werden alle Fallstrick einer Beziehung offengelegt.“ Das trifft es gut. Ich habe die Geschichte von Bea und Niklas in einem Zug ausgelesen. Der Kunstgriff der schwedischen Bestsellerautorin ist es, sie zunächst aus der Sicht der Ehefrau zu schreiben: Bea und Niklas sind seit über dreißig Jahren ein Paar. Mit zwei Töchtern im Teenageralter und einer komfortablen Wohnung mitten in Stockholm führen sie eine glückliche Ehe. Als Niklas eines Abends nach einem belanglosen Streit ohne Erklärung die Wohnung verlässt, ist Bea fassungslos. Sie erwartet, dass er reumütig nach Hause kommt, sobald er sich beruhigt hat. Doch vergeblich. Sie erfährt, dass Niklas eine andere Frau kennengelernt hat. Er zeigt auch keinerlei Interesse, über die plötzliche Krise zu sprechen. Stattdessen fordert er die Scheidung.Beim Lesen dieses Teils ertappt man sich, Vorurteile zu pflegen. Das kennt man ja: Ein Ehemann in der Midlifecrisis, nicht in der Lage, über seine Gefühle zu sprechen, und dann gleich eine neue Frau am Start. Zwar erschein Bea als fordernde Familienmutter, aber sie hat gewiss die Sympathie zumindest der meisten Leserinnen.

Im zweiten Teil des Romans beschreibt Moa Herngren die Situation aus Sicht des Mannes: Niklas rackert sich für die Familie in einem ungeliebten Beruf ab. Er versucht, es allen Recht zu machen und bekommt unter den Anforderungen von Bea und seiner Ursprungsfamilie kaum noch Luft. Als er Maria kennenlernt, ist das für ihn ein notwendiger Befreiungsschlag. Je mehr man erfährt, desto mehr Verständnis entsteht für seine Situation.

 

Der Roman beschreibt sensibel und genau die psychischen Vorgänge der Protagonisten, ihre Verstrickungen und Entwicklung. Das zu verfolgen, ist spannend. Sehr empfehlenswert.