447 Seiten , 30.- € , Suhrkamp
Michael Krüger ist eine im Literaturbetrieb wohlbekannte Größe. Mehr als 25 Jahre lang war er der literarische Leiter des Hanser Verlages. Er hat die Zeitschrift Akzente herausgegeben und war zudem als Autor, Kritiker und Übersetzer aktiv. 2013 zog er sich aus dem Verlagsgeschäft zurück.
Eine beeindruckende Persönlichkeit, die ich im Hamburger Literaturhaus und bei einer Arbeit für eine Zeitschrift persönlich kennenlernen durfte.
Nun hat Suhrkamp die Erinnerungen des inzwischen 80jährigen herausgebracht. Darauf aufmerksam wurde ich durch einen Artikel im Spiegel. Dort schrieb ein Kulturredakteur euphorisch: „Krüger erzählt davon leichtfüßig und voller Leidenschaft, manchmal mit Selbstironie. (…) Schreiben Sie bitte auch in Zukunft keine schnöde Autobiografie. Schreiben Sie lieber noch mal ein derart herrliches, überraschendes Buch!“ Von diesem Lob inspiriert, war ich neugierig auf das Buch
Auf den ersten 100 Seiten berichtet Krüger über seine Kindheit in Sachsen-Anhalt, seine Jugend in Berlin. Dann über seine Tätigkeit in München und literarische Reisen. Er beschreibt seine Begegnungen mit deutschsprachigen und internationalen Autoren, mit denen er größtenteils befreundet war und ist. Ihre schriftstellerische Arbeit setzt er äußerst kenntnisreich in den jeweiligen politischen und nationalen Kontext.
Der erste Teil ist lebendig und anschaulich, Krüger kann erzählen. Aber dann wird es anstrengend. Die Kapitel, die den Jugendgeschichten folgen, lesen sich wie ein Nachschlagewerk zum Literaturbetrieb. Beeindruckend zwar in der Fülle prominenter Autoren, aber spröde. Wäre Krüger nicht über jeden Verdacht erhaben, würde ich es als Namedropping mit Kurzbeschreibung bezeichnen. Ohne mein Studium der Germanistik in den 1970er Jahren wären mir viele der Genannten gar nicht bekannt. Der begeisterten Meinung eines Amazon-Rezensenten, die „leichthändig unterhaltenden und geistvoll anregenden Schilderungen nehmen vom ersten bis zum letzten Satz gefangen“ kann ich mich leider nicht anschließen. Ich fand sie gleichförmig und ermüdend.
Wer ein Stück literarischer Zeitgeschichte haben möchte, wird damit bestens versorgt. Wer sich eine lebendige, sinnliche Schilderung der Begegnungen erhofft, könnte wie ich enttäuscht sein.