Vincenzo Latronico: Die Perfektionen (Roman)

128 Seiten, 22.-€, Classen

 

Das Buch beginnt außergewöhnlich mit der Beschreibung einer Wohnung in einem Jugendstilhaus, so detailliert, als würde man mit einer Kamera herumfahren. Im nächsten Kapitel zoomt der Roman auf ein noch namenloses junges Paar, das hier in Berlin als Expats aus dem Süden Fuß gefasst hat. Erst Seiten später bekommt es einen Namen: Anna und Tom. Zwei Kreative, die ihr Geld mit Grafikdesign verdienen. Damit stehen sie für viele, die ebenso wie sie in die Hauptstadt gezogen sind und deren Möglichkeiten genießen: Die Bars, die Cafés, die Galerien, die Begegnungen mit Gleichgesinnten. Das Leben wirkt perfekt, doch allmählich schleicht sich Unzufriedenheit ein. Als Gegenstrategie vermieten Anna und Tom ihre Wohnung und brechen zunächst nach Lissabon, dann nach Sizilien auf. Auch dort entspricht die Realität nicht ihren Vorstellungen. Das Paar macht noch einige Wendungen, um am Ende festzustellen, dass es die ersehnte Perfektion einfach nicht gibt und dass das schöne Bild der Wirklichkeit nicht standhält.

 

Vincenzo Latronico, der als Italiener selbst in Berlin lebt, protokolliert kühl beobachtend, was seine Protagonisten antreibt. Dabei werden Anna und Tom nicht als Individuen beschrieben. Man erfährt zum Beispiel an keiner Stelle, wie sie aussehen und es gibt keine Dialoge. Sie sind Prototypen einer jungen Generation auf der Suche nach dem perfekten Leben und dem dazu passenden Gefühl. Faszinierend und auf literarische Weise informativ.