Jane Gardam: Das Mädchen auf dem Felsen (Roman)

224 Seiten, 22.- €, Hanser Berlin

Jane Gardam ist eine renommierte englische Autorin der Gegenwart. Von ihr habe ich bereits „Eine untreue Frau“ und „Ein untadeliger Mann“ gelesen. Nun war ich auf diesen Roman gespannt.

Er spielt in einem Sommer an der britischen Küste. Die 8jährige Margaret Marsh wächst in einer bigotten Familie auf, die nach den strengen Regeln einer religiösen Gemeinschaft, den „Primal Saints“, lebt. Alles, was Spaß macht, ist Sünde und verboten. Margret langweilt sich tödlich. Ihre Mutter kümmert sich nur um das neugeborene Brüderchen, der Vater ist ein fanatischer Laienprediger und hat wenig Interesse am Familienleben. Ein Lichtblick im tristen Alltag ist Lydia, das neue Hausmädchen. Lydia passt so gar nicht in die pseudoheilige Welt der Marsh. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und bringt sinnliche Genüsse in die Familie. Margaret liebt die Ausflüge mit ihr, bei denen sie sich endlich frei fühlt. Sie kann herumumtoben, auf Bäume klettern und Erkundungen machen.

In einer Folge von Episoden vermittelt Jane Gardam die skurrilen Formen, die das Leben von Menschen mit bigotter Lebenseinstellung annimmt. Unter der nach außen gezeigten Wohlanständigkeit schlummert heftiges Begehren. Margarets Vater, ein Verfechter biblischer Moral und Anstand, kann schließlich seinen Gelüsten nicht widerstehen. Auch Margarets Mutter wird von ihrem verbotenen Begehren eingeholt. So kommt es am Ende zu einem Drama.

Mit feiner Beobachtungsgabe und sprachlicher Souveränität. beschreibt Jane Gardam die Geschichte einer Gruppe von Menschen, die sich in ihrer eigenen Gedankenwelt bewegt und sich in verborgenen Fantasien verfängt. Die Verbindungen der Personen und die Zeitsprünge in der Handlung sind streckenweise etwas kompliziert und ausführlich, aber insgesamt ist der Roman psychologisch und literarisch ein Vergnügen.