Gabriele von Arnim: Das Leben ist ein vorübergehender Zustand

 233 Seiten,  22.-€   Rowohlt

2004 erleidet der Journalist Martin Schulze einen Schlaganfall, just an dem Tag, an dem seine Frau Gabriele von Arnim sich von ihm trennen will. Ihn in ein Heim zu geben, wozu man ihr rät, bringt sie nicht übers Herz. Sie stellt sich der Herausforderung, ihren schwerkranken Mann zuhause zu pflegen. In ihrem Buch beschreibt sie die zehn Jahre an seiner Seite bis zu seinem Tod. Er ist halbseitig gelähmt. Zwar bleibt er klar im Kopf, kann sich aber nicht mehr deutlich artikulieren. Ärzte versagen. Freunde sind unfähig, mit der Krankheit umzugehen und wenden sich ab. Von Arnim muss ständig Entscheidungen treffen. Als Helferin, Trösterin und Unterstützerin fällt es ihr schwer, sich nicht selbst zu verlieren. Trotzdem versucht sie, für sich und ihren Mann dem reduzierten Leben noch Freude abzuringen.

Minutiös beschreibt Gabriele von Arnim das seelische und körperliche Auf und Ab, ihre Hoffnung, ihre Zweifel, ihr scheinbares Ungenügen. Ebenso wie das Leiden ihres Mannes, seine Schwäche, seine Tapferkeit, sein Aufbegehren gegen den Status quo. Die Schilderung der gemeinsamen Lebens- und Leidenszeit ist bewegend. Doch die besondere Stärke der Autorin, nämlich ihre literarische Sprache, wird an manchen Stellen zum Weichzeichner. Indem sie lebensphilosophische Betrachtungen anstellt und umfangreich aus Werken von SchriftstellerInen, PhilosophInnen, KünstlerInnen und PsychologInnen zitiert, erhält die berührende Beschreibung teilweise einen elitären Stil. Vor der menschlichen Größe Gabriele von Arnims fällt es schwer, Kritik zu üben, aber mir ist das Buch aus diesem Grund zu abgehoben. Lesenswert, mit dieser Einschränkung.