190 Seiten, 20.-€ Ullstein
Ich fange ausnahmsweise einmal mit dem Nachwort an. Es stammt von Dennis Westhoff, dem Sohn der Schriftstellerin. Und es erklärt einiges: Es handelt sich um ihr letztes, unvollendetes Romanmanuskript, das der Erbe - offenbar von Interessenten gedrängt – nun herausgebracht hat: „Die Stimmen mehrten sich, die mir zu verstehen gaben, dass der Roman unbedingt veröffentlicht werden müsse, in welchem Zustand er auch sei“.
Der Inhalt: Der junge, lebenslustige Ludovic Cresson überlebt einen schweren Autounfall. Nach einer Odyssee durch Krankenhäuser und Nervenheilanstalten wird er entlassen. Seine Frau Marie-Laure ist darüber keineswegs erfreut, hat sie sich doch schon als reiche Witwe gesehen. Nun verweigert sie ihm das Ehebett. Sein Vater Henri, ein erfolgreicher Geschäftsmann, nimmt Ludovic mit in ein Bordell, um das männliche Selbstwertgefühl seines Sohnes zu steigern. Er selbst ist mit einer Frau verheiratet, die er nicht liebt. Als Ludovics Schwiegermutter Fanny zu Besuch kommt, verlieben sich Vater und Sohn gleichzeitig in die charmante Frau. Das sorgt für einigen Wirbel in der Industriellenvilla.
Ich liebe die Bücher von Francoise Sagan, ihren nonchalanten, melancholischen und gleichzeitig kühl sezierenden Stil: Das geniale „Bonjour Tristesse“, „Ein bisschen Sonne im kalten Wasser“, „Lieben Sie Brahms“, „Ein gewisses Lächeln“… Und nun dieser unvollendete Roman. Muss man wirklich alles veröffentlichen, was eine Schriftstellerin in ihren letzten Jahren zu Papier gebracht hat - nur weil sie berühmt ist? Wenn es um Vollständigkeit eines Werkes geht, mag das seine Berechtigung haben. Wenn es aber um literarische Qualität, psychologische Stimmigkeit und inhaltliche Spannung geht, hätte man in diesem Fall doch lieber darauf verzichten sollen.
Ein Buch für Sagan-Fans - aber bitte nicht enttäuscht sein.