Michaela Karl: „Ich würde so etwas nie ohne Lippenstift lesen.“ Maeve Brennan. Eine Biographie.

Eine Buchrezension von Dr. Eva Wlodarek

Maeve Brennan, 1917 in Dublin geboren, siedelt 1934 mit ihrer Familie in die USA über, wo ihr Vater einen Posten als irischer Botschafter antritt. Zu Beginn der 50er Jahre geht Maeve allein nach New York. Bald avanciert sie dort zum „It-Girl“. Sie ist klein und zierlich, immer elegant im schwarzen Kleid mit hochgestecktem Haar und perfektem Make-up.

 

Die Ähnlichkeit mit Holly Golightly in „Frühstück bei Tiffany“ liegt nahe. Zumindest lebt Maeve ähnlich selbstbewusst und emanzipiert wie Truman Capotes Protagonistin. Zunächst arbeitet sie als Redaktionsassistentin für die  legendäre Carmel Snow bei Harpers Bazaar. Dann entdeckt man ihr schriftstellerisches Talent beim „New Yorker“ und nimmt sie in die Redaktion auf. Sie veröffentlicht Kolumnen, Essays, Kurzgeschichten und Rezensionen. Privat liebt sie, wen sie will, trinkt, feiert, geht aus, heiratet, lässt sich scheiden. Ein Leben mit Höhen und Tiefen, das traurig endet: Sie leidet unter schizophrenen Schüben und wird mehrfach in eine psychiatrische Klinikeingeliefert. Im Alter von 76 Jahren stirbt sie mittellos in New York.

 

Es gibt Biografien, die sich wie ein Roman lesen, weil der Autor oder die Autorin die Fantasie spielen lässt -  und solche, die auf genauer Recherche beruhen. Die lesen sich zwar trocken, sind aber ergiebiger, wenn man sich für die Person interessiert. Michaela Karls Biografie gehört zur zweiten Kategorie. Sie ist sachlich geschrieben, präzise und gründlich, mit vielen Zitaten und Belegen. So entsteht das wahrheitsgetreue Bild einer faszinierenden Frau und ihrem New Yorker Umfeld in der Mitte des vorigen Jahrhunderts.

352 Seiten. 22.-€. Hofmann und Campe